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Pflege kommunal gestalten

Die Ausgangssituation ist überall ähnlich: In den Kommunen steigt die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen bei gleichzeitig sinkendem familialem Pflegepotenzial – z.B. durch niedrige Geburtenquoten, zunehmende räumliche Distanzen, gestiegene Frauenerwerbstätigenquoten etc.

Stärkung des ambulanten Sektors

Ziel im Kontext Pflege ist umso mehr die primäre Stärkung des ambulanten Sektors. Hier sind viele Kommunen bereits sehr aktiv und wünschen sich mehr Unterstützung sowie Gestaltungs- und Entscheidungskompetenzen. Wie deshalb verschiedene Angebote der Altenpflege und der Pflegeversicherung enger miteinander verzahnt werden können und wie die Planungs- und Steuerungskompetenz der Kommunen in der Pflege gestärkt werden kann, diskutiert eine Bund-Länder Arbeitsgruppe zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege. Sie wird im Laufe des Monats Mai ihre Ergebnisse präsentieren – wir sind sehr gespannt!

Ausbau ambulanter Sektor

Trotz der Zielsetzung, den ambulanten Sektor im Bereich der Pflege weiter auszubauen, zeigen Daten, dass es bundesweit sehr große Unterschiede bei den jeweiligen Versorgungsanteilen in den Kommunen zwischen ambulanter und stationärer Pflege gibt. Das zeigt unsere neue Studie „Kommunale Gestaltungsmöglichkeiten bedürfnisorientierter Altenpflegestrukturen“, die die Autoren der Uni Potsdam, Michael Plazek und Moritz Schnitger, gestern im Rahmen eines Kongresses in Berlin vorgestellt haben.

Die Studie folgt der These, dass man die Wahl der Pflegearrangements auf kommunaler Ebene durch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen beeinflussen kann, z.B. durch eine

  • Steigerung der Attraktivität des ambulanten Angebotes
  • Steuerung der Wahl des Pflegearrangements
  • Stützung des familialen Angebotes
  • Stärkung integrierter Versorgungsstrukturen.

Dazu wurden Fallstudien in deutschlandweit 16 Kommunen auf der Grundlage von Experteninterviews mit zentralen lokalen Pflegeakteuren durchgeführt. So konnten wichtige erfolgreiche Steuerungsansätze identifiziert werden:

  • Aktive Akteursnetzwerke
  • Partizipative Pflegeplanung
  • Investoren- und Trägerberatung
  • Bedarfsgerechter und wirtschaftlicher Betrieb von Tagespflegeeinrichtungen
  • Aufbau kompletter Versorgungsketten vor Ort

Kommunen spielen eine Rolle

Korrespondierende Erfolgsfaktoren und Praxisbeispiele finden sich in der Studie. Im Ergebnis wurde deutlich, dass es für Kommunen auch schon heute Steuerungsmöglichkeiten zur Stärkung der ambulanten Pflegestrukturen gibt. Aber es gibt nur erfolgreiche Kombinationen – nicht den einen erfolgreichen Steuerungsansatz. Klar und durch die Kongressteilnehmer in vielen Diskussionen und Workshops bestätigt wurde, dass den Kommunen in der Steuerung dieses Segmentes als Initiatorin und Moderatorin eine ganz entscheidende Rolle zukommt.

Kleines Zeitfenster

Es gibt ein Zeitfenster von ca. 10 bis 15 Jahren zur Gestaltung des Themas und zur Erhöhung des Anteils ambulanter Pflegestrukturen. Denn vor allem ab ca. 2030 werden die sog. Babyboomer selbst zunehmend pflegebedürftig werden und mit gleichzeitig stark gesunkenem familialem Potenzial in die Pflegebedürftigkeit gehen. Das Thema Pflege zu gestalten muss deshalb eine gesellschaftliche Aufgabe werden. Hier spielen die Kommunen eine entscheidende Rolle. Das wurde auch im Rahmen des gestrigen Kongresses klar: In vielen Workshop-Runden wurden gute und anregende Beispiele gegeben und diskutiert, die bereits heute vorbildlich sind.

Innovation ist Erfolgsrezept

Eine soziale Stadt zu sein braucht vor allem eines: Sie muss kontinuierlich den Zugang zu Innovationen ermöglichen – aus der Bürgerschaft genauso wie aus der Wissenschaft. Das erfordert Netzwerke und intensive Kommunikation. Denn es gibt viele gute Ideen, viele gute Ansätze. Angesichts des knappen Zeitfensters erfordert das aber auch adäquate Ressourcen und Kompetenzen in den Kommunen. Denn Netzwerk zu etablieren, ihren Fortbestand zu stützen und wenn möglich in die Selbständigkeit zu entlassen, ist eine intensive oft kleinteilige Kernerarbeit. Und die gibt es nicht umsonst.

Die Studie wird ab Sommer 2015 im Verlag der BST erhältlich sein.

Hier findet sich das Programm zu unserem Pflegekongress am 27.4.2015 nochmal zum Nachlesen.

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