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30. Juli 2014

Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen gestiegen!

Das Statistische Bundesamt und die bundesweite Presse berichten dieser Tage vom deutlichen Anstieg der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen.

Im Jahr 2013 haben die Jugendämter in Deutschland 42 100 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Das waren gut 1 900 Minderjährige (+ 5 %) mehr als 2012. Wie das Statistische Bundesamt  weiter mitteilt, hat die Zahl der Inobhutnahmen in den letzten Jahren stetig zugenommen, gegenüber 2008 (32 300 Inobhutnahmen) stieg sie um 31 %. Der häufigste Anlass für die Inobhutnahme eines/einer Minderjährigen war mit einem Anteil von 40 % (16 900 Kinder und Jugendliche) die Überforderung der Eltern beziehungsweise eines Elternteils.

Erneut stark zugenommen hat die Zahl der Minderjährigen, die aufgrund einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland in Obhut genommen wurden. Insgesamt kamen 2013 rund 6 600 Kinder und Jugendliche ohne Begleitung einer sorgeberechtigten Person über die Grenze nach Deutschland, sechsmal mehr als im Jahr 2008 (1 100 Minderjährige). Rund 5 900 dieser jungen Menschen (89 %) waren männlich, dagegen reisten nur etwa 700 Mädchen unbegleitet nach Deutschland ein. Knapp 4 600 (69 %) der Minderjährigen waren 16 oder 17 Jahre alt.

das Bild zeigt eine Grafik mit statitischen Werten zur Inobhutnahme von Kindern

Grafik zur Inobhutnahme von Kindern

 

Inobhutnahme – Was ist das?

Die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen erfolgt in der Regel aus einer Krisen- und Notsituationen heraus.  Sie ist nicht mit den Erziehungshilfen gleichzustellen, bei denen Eltern und Kinder gemeinsam mit dem Jugendamt in unterschiedlichen Hilfeformen den richtigen Weg suchen. Die Inobhutnahme ist in der Regel ein staatlicher Eingriff des Jugendamtes und des Vormundschaftsgerichtes, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Maßnahme erfordert oder das Kind oder der Jugendliche selbst um Inobhutnahme bittet.

Steigerungszahlen sind erschreckend!

Der Anstieg der Inobhutnahmen ist erschreckend und zeigt im Wesentlichen 2 Gründe auf. Der häufigste Anlass für die Inobhutnahme war mit einem Anteil von 40 %  die Überforderung der Eltern beziehungsweise eines Elternteils. Der zweite Grund für den Anstieg sind die Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen, die häufig unbegleitet aus dem Ausland nach Deutschland kommen.

Projekt „Kein Kind zurücklassen“ setzt hier richtig an!

Das gemeinsame Projekt des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bertelsmann Stiftung „Kein Kind zurücklassen“ setzt auf Prävention. Oft kommen die Hilfen und Unterstützungen für die Kinder und Jugendlichen viel zu spät. Teure Reparaturhilfen sind die Folge, die nachhaltig auf die Gesellschaft wirken.

Genau da setzt das Projekt KeKiz an!

Die Intention von KeKiz ist die Förderung kommunaler Präventionsketten, die nachhaltige Stärkung von Kindern und Jugendlichen und die Vermeidung sozialer Folgekosten.

Das Bild ist ein Schaubild von unterschiedlichen Handlungsansätzen im Projekt KEKIZ

Präventionsketten im Projekt KEKIZ

 

Ich bin der Ansicht, dass die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung in den Kommunen, endlich verstehen müssen, dass Prävention keine rein „freiwillige Aufgabe“ ist, die schnell in die Konsolidierung gehört, sondern das Prävention Investition bedeutet.

Es gilt der Grundsatz – „Nur wer investiert gewinnt!“.

Verlässliche Regeln in Europa unumgänglich!

Erschreckend ist auch, dass der Anstieg der Inobhutnahmen stark Kinder und Jugendliche aus dem Ausland betrifft. Natürlich sollten wir alle für ein geöffnetes Europa stehen und die breite Öffnung der Grenzen begrüßen. Leider sind die Grenzöffnung häufig schneller als die erforderlichen Spielregeln vor Ort. Vor der Öffnung neuer Grenzen müssen die Rahmenbedingungen geklärt sein. Das gilt unbedingt besonders für Kinder und Jugendliche, insbesondere wenn sie unbegleitet nach Deutschland einreisen. Die Kinder und Jugendlichen haben die gleichen Rechte wie alle Kinder in Deutschland. Sie haben ein Recht auf Schutz, auf Erziehung und auf gesundes Aufwachsen. Es darf nicht wieder vorkommen, wie es in den letzten 2 Jahren beim Zuzug vieler Kinder aus Rumänien und Bulgarien passiert ist, dass Inobhutnahmen in Heime erforderlich werden, weil der Gesetzgeber die Krankheitsversorgungskosten nicht geregelt hat, die aber durch eine Heimunterbringung gesichert sind.

Hier gilt der Grundsatz – „Öffnung ja – zügig aber nicht unbesonnen hastig!“.

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  • Rainer Rettinger wrote on 04.08.2014

    Hallo Herr Janssen,

    eigentlich bedarf es keines Kommentars, denn die UN-Kinderrechtskonvention aus dem Jahr 1989 hat diese Dinge geregelt. Und doch: Der Gesetzgeber, die Politik, unterstreichen oft die Wahrnehmung, dass wir in diesem Land, was die Rechte der Kinder angeht, immer noch ein Entwicklungsland sind. Ihr Hinweis, dass, wer investiert auch gewinnt, ist richtig und dennoch werden solche „Wahrheiten“ oft nicht gehört, verharmlost, tabuisiert und ignoriert. Kämpfen Sie weiter!

    Alle guten Wünsche,
    Rainer Rettinger
    Deutscher Kinderverein Essen e.V.

  • Wolfgang Wähnke wrote on 17.09.2014

    gibt es eigentlich verlässliche Daten, ob die handelnden kommunalen Akteure sensibler und vielleicht auch (vor)schneller mit einer Inobhutnahme umgehen?
    es handelt sich hier ja um einen lebensentscheidenden Einschnitt für Kinder und Eltern und wären solche Daten sicher eine wichtige Diskussionsgrundlage.