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21. Oktober 2019

Reform der Grundsteuer ist beschlossen. Der Streit geht weiter.

Der 18. Oktober 2019 war zweifellos ein historischer Tag für die deutschen Kommunen. An diesem Tag beschloss der Bundestag die Reform der Grundsteuer. Zur Erinnerung: Die Grundsteuer deckt rund zehn Prozent der Einnahmen in den Gemeinden. Das Verfassungsgericht erklärte sie in der alten Form für nichtig. Bis Ende 2019 musste ein neues Modell stehen, sonst sind Grundsteuer und Einnahmen Geschichte.

 

Föderalismus ist handlungsfähig

Zuerst die guten Nachrichten: Die Frist wurde eingehalten. Bund und Länder haben eine Lösung gefunden. Die Grundsteuer ist gerettet. Was so selbstverständlich klingt, war es nicht. Denn die Interessen zwischen den Ländern waren gegensätzlich und die Reform der Grundsteuer stand im Grunde schon 23 Jahre auf der Agenda. Ohne Ergebnis. So stieg von Monat zu Monat die Gefahr, dass die Frist nicht eingehalten wird. Auch wenn dies Keiner will.

Das neu beschlossene Bewertungsverfahren der Immobilienwerte ist in ein typischer Kompromiss. Ein durchaus cleverer. Denn er überträgt den Ländern das Recht, den strittigen Punkt der Grundsteuerreform (die Wertermittlung der Immobilien) eigenständig zu regeln. Wer eine Wertermittlung nah am Marktwert will, nutzt das im Bundesrecht verankerte Ertragswertverfahren. Wer eine Wertermittlung ohne Bezug zur Realität will, so wie Bayern, schreibt ein eigenes Gesetz und zählt nur die Quadratmeter. In einer solch strittigen Situation ist Kritik am Ergebnis normal und auch in der Sache nicht falsch. Aber eine Grundsteuer mit Mängeln ist eben dennoch besser, als gar keine Grundsteuer.

 

Ein Problem gelöst. Das nächste steht bereit.

Ist damit die Diskussion um die Grundsteuer vom Tisch? Nein. Nur die erste der drei Problemstufen ist bewältigt. Die zweite folgt sogleich: Die Neubewertung von 36 Millionen Immobilien muss binnen fünf Jahren umgesetzt werden. Das ist Aufgabe der Finanzämter, die Teil der Landesverwaltung sind. Die Steuererträge erhalten bekanntlich die Gemeinden. Diese Diskrepanz von Verwaltungskosten und Ertrag erklärt nebenbei, dass die auch im alten Gesetz vorgeschriebene regelmäßige Anpassung der Immobilienwerte „vergessen“ wurde. Und zwar genau 55 Jahre. Jeder kann mal was vergessen.

Diese frühere „Ersparnis“ von Verwaltungsaufwand kommt nun wie ein Bumerang zurück. Schätzungsweise 1.000 neue Beamte sind nötig und die Kosten werden sich auf über 500 Millionen Euro belaufen. Wahrscheinlich wird es mehr, denn die Finanzämter brauchen neue Software….. Ob die Finanzämter diese immense Fleißaufgabe tatsächlich bewältigen, kann heute noch Keiner sagen.

 

Das dritte Problem kommt 2025.

Wenn die Immobilienwerte neu festgestellt sind, kommen endlich die Gemeinden ins Spiel. Denn sie müssen nun prüfen, wie sich die Immobilienwerte bei ihnen geändert haben und dementsprechend den Hebesatz nach oben oder unten anpassen. Dann schicken sie in diesem einen Jahr jedem Bürger einen neuen Steuerbescheid. Klingt banal, ist es aber nicht. Denn im Regelfall ändern die Gemeinden ihre Hebesätze nur alle paar Jahre und schicken nur dann neue Steuerbescheide. Hier entsteht also auch in den Kämmereien punktuell ein hoher Mehraufwand.

 

Problemstufe 3: Die Bürger.

Aber das eigentliche Problem im Jahr 2025, also die dritte Problemstufe, sind die Bürger. Bis dato haben sie die Diskussionen zur Kenntnis genommen, haben den Bundetag beschließen und die Finanzämter rechnen lassen. Aber nun wird es ernst: Der neue Steuerbescheid kommt. In der Summe soll das Aufkommen zwar konstant bleiben, haben die Gemeinden versprochen. Dieses  Versprechen ist aber von der Wirklichkeit so weit entfernt wie der 1964 festgestellte Einheitswert eines Hauses in Schwabing mit dem heutigen Verkehrswert. Denn durchsetzen lässt sich dieses Versprechen angesichts von 11.000 autonomen Gemeinden nicht. Und selbst wenn, wird es in jeder Stadt Bürger geben, die gefühlt nun zu viel bezahlen. Bei 36 Millionen Fällen kann man leicht von zehntausenden Klagen gegen die neuen Steuerbescheide ausgehen. Etliche davon werden den Instanzenzug bis zum Bundesverfassungsgericht auskämpfen. Ganz zu schweigen von grundsätzlicher Kritik an der Reform und Normenkontrollklagen. Das dauert.

Summa summarum: Der Streit um die Grundsteuer ist mit dem Beschluss des Bundestages nicht vorbei. Er geht an anderer Stelle weiter. Und das sicher noch zehn Jahre. Aber das ist eben die Folge, wenn man unangenehme Aufgaben aufschiebt.

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