Das Foto zeigt eine Bank auf einem Deich mit Blick in den Himmel.
Zukunft mit Ausblick
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Money for Nothing. Abgelehnt.

Der Song ist von 1985, doch die Idee, um die es gestern in der Schweiz ging, ist hunderte Jahre älter: Das bedingungslose Grundeinkommen (bGE). Jeder Mensch soll monatlich einen festen Betrag erhalten, der ihm ein angemessenes Leben ermöglicht. Ohne Antrag, ohne Bedingungen, ohne Arbeit. Die Befürworter erhoffen sich auf diese Weise eine von den Nöten der Existenzsicherung und der Knechtschaft der Sozialämter befreite Gesellschaft, in der Jeder sich frei entfalten kann. In der Schweiz stand diese Idee nun zur Wahl. Jedem Erwachsenen wurde umgerechnet 1.500 Euro monatlich versprochen.

Die Schweizer haben mit großer Mehrheit (78%) abgelehnt. Hut ab, muss man sagen. Wer bekäme nicht gern 1.500 Euro im Monat extra?

Tücken der Utopie

Leider hat die Idee etliche gravierende Tücken. Eines ist die Annahme, uns ginge im Zuge des technologischen Fortschritts die Arbeit aus und wir stünden unweigerlich vor einer Epoche ungekannter Massenarbeitslosigkeit. Diese These ist alt. Sie wurde schon vor 150 Jahren angesichts der Erfindung der Dampfmaschine angeführt. Und seit 150 Jahren warten die Feuilletons darauf, dass diese These endlich eintritt. Mit der Digitalisierung muss es jetzt aber soweit sein! Ein Blick auf die Zahlen verhilft zur Beruhigung. Trotz Technik und Globalisierung ist das Arbeitsvolumen in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren gestiegen. Auf Jahre stehen wir eher vor einem Mangel an Arbeitskräften denn vor einem Überfluss.

Geld darf keine Rolle spielen

Mit dem Verweis auf die Kosten gilt man schnell als kleinkariert und rückwärtsgewandt. „Eine reiche Gesellschaft müsse sich das leisten können!“ wird apodiktisch ausgerufen. Schließlich wächst das BIP jedes Jahr. Das hört man oft in Haushaltsverhandlungen; von Gewerkschaften, Straßenbauern, Sozialarbeitern, Landwirten, KITA-Erziehern, Denkmalschützern… Man möchte den Reformern zurückrufen: „Halt! Die Steuereinnahmen der Zukunft sind bereits verplant!“ Und zwar vollständig. Für Rente, Kranversicherung, Schuldendienst etc.

Einen Aspekt verschweigen die Befürworter des bGE geflissentlich. Es ist nicht bedingungslos. Es basiert auf der Umverteilung der vorhandenen Sozialleistungen; im letzten Jahr stolze 849 Milliarden Euro. Damit muss man doch was machen können! Teilt man dies durch 82 Millionen Menschen und 12 Monate kommt man auf 863 Euro. Legt man noch mal 140 Milliarden drauf (also fast noch mal das Aufkommen der Umsatzsteuer), reicht es gar für 1.000 Euro.

Die Verlierer des Bürokratieabbaus

Der Leistungskatalog unseres Sozialstaates ist kompliziert. Er will es halt Allen ganz individuell recht machen. Da blicken Wenige durch. All das Dickicht mit einem Schlag lichten und das Geld pro Kopf verteilen? Was das an Bürokratie spart! Keine Anträge, Prüfungen, Offenbarungseide, Kontrollen mehr. Alles weg. Jeder kriegt 1.000 Euro. Eine schöne Sache.

Nur nicht für die 1,5 Millionen Rentner (Link S. 38), die nach 45 Jahren Arbeit Ansprüche von 1.500 Euro und mehr erarbeitet haben. Die letzten zehn Jahre waren dann halt umsonst. Eigentlich alle 45.

Für ein paar Behinderte (rund 529.000, Link S. 15) wird es ziemlich eng. Denn deren Betreuung in Einrichtungen kostet mittlerweile fast 2.000 Euro im Monat. Es gibt mit Sicherheit Sparpotenzial.

40.000 Tausend Jugendliche mussten die Jugendämter bundesweit aus ihren Familien nehmen. Sie werden jetzt im Heim betreut. Kostet z.B. in Bremen (Link S. 5) fast 4.000 Euro im Monat. Was soll´s. Gehen sie halt zurück zu den Eltern.

Die Pflegeversicherung ist auch so ein Thema. Bis zu 1.600 Euro zahlt sie im Monat für pflegebedürftige alte Menschen. Es muss dann halt mit weniger gehen

Aber wir sparen doch die Verwaltungskosten! Richtig. Bei der Rentenversicherung als größter Sozialleistung sind das abnormale 1,2% des Budgets. Für die Kommunen ist die Idee hingegen ziemlich attraktiv. All die unangenehmen Themen, mit denen man sich seit Jahren ständig mehr beschäftigen muss, Eingliederungshilfe, Kita-Ausbau, Kinderarmut, Integration. Hat sich erledigt. Machen die Betroffenen dann allein. Das spart Zehntausende Stellen.

Debatte ohne Fundament

Das Ergebnis des Volksentscheids in der Schweiz hat die Debatte um das bGE nicht beendet, sondern befeuert. Es gibt noch einige Aspekte mehr zu beleuchten. Wir werden uns dem in aller Ruhe und Sachlichkeit annehmen. (Das täten wir übrigens auch mit bedingungslosem Grundeinkommen.)

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