Zwei Dutzen Workshop-Teilnehmer sitzen in einem Halbkreis vor einer großen Glasfront. Vorne zu sehen ist ein Moderator mit einer Metplanwand und einer Flipchart
Symposium „Kommunalaufsicht in NRW. Partner oder Ärgernis?“ 7. Juli 2016 in Essen (Foto: Kai Uwe Oesterhelweg)
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30. März 2017

Kommunalaufsicht ist auch Glückssache

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes Finanzaufsicht 2020 sind erschienen.

Vielen ist sie egal, Manchen ist sie ein Ärgernis, Einigen gar eine Hilfe: Die Kommunalaufsicht. Es gab sie schon in Preußen vor 150 Jahren. Und sie ist weiterhin notwendig. Denn die Garantie kommunaler Schulden durch das Land bedingt nun mal die Überwachung der kommunalen Haushalte. Jede Medaille hat zwei Seiten. Der Auftrag ist eigentlich klar: Überschuldung soll verhindert, die  Handlungsfähigkeit der Kommunen soll gesichert werden. Nun ja, denkt sich der informierte Beobachter, NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt….. Da hat die Aufsicht wohl nicht funktioniert.

Wie funktioniert die Kommunalaufsicht eigentlich?

Tatsächlich findet man viel Kritik an der Kommunalaufsicht, aber keine Analysen über ihre Funktionsweise. Wie trifft sie ihre Entscheidungen? Welchen Rationalitäten folgt sie? Wie verlaufen die Gespräche mit den Gemeinden? Diese Fragen waren Inhalt unseres Forschungsprojektes Finanzaufsicht 2020, wohlwollend beobachtet durch die Innenministerien NRW, Hessen und Sachsen, aktiv unterstützt durch über 600 Praktiker aus Aufsichtsbehörden, Verbänden und Kämmereien.

Auf einem Symposium in Essen wurden Zwischenergebnisse vorgestellt und mit Praktikern aus Aufsicht und Kommunen diskutiert.

Jede Aufsichtsbehörde hat ihren eigenen Stil

Manche Hypothesen mussten wir verwerfen, einige Überraschungen traten zu Tage. Das Wichtigste zuerst: Kommunalaufsicht funktioniert in jeder Behörde anders. Und dafür gibt es mindestens fünf Gründe:

  1. Die Personalausstattung und damit die Anzahl der zu beaufsichtigenden Gemeinden folgen keinem logischen Schlüssel, sondern dem Gutdünken der Behördenleitung. Jeder Aufsichtsbeamte muss somit seinen Stil der Arbeitsmenge anpassen.
  2. Aufsicht bewegt sich auf einem Kontinuum zwischen Beratung und Kontrolle. Sie denkt dabei sowohl juristisch, wirtschaftlich als auch politisch. Jeder Aufsichtsbeamte findet in jeder Konstellation seine Balance.
  3. Die Innenministerien sind weit weg von den Kreisen als Aufsichtsbehörde. (Das ist ihnen auch meist ganz recht.) Das Haushaltsrecht ist nicht eindeutig. Die Aufsichtsbehörden besitzen somit, ob sie wollen oder nicht, erhebliche Ermessensspielräume.
  4. Die Aufsichtsbehörden einer Ebene reden wenig miteinander. Explizite Fortbildungsprogramme gibt es nicht. Auch dies befördert individuelle Aufsichtsstile.
  5. Der Einfluss der Politik auf die Aufsichtsentscheidungen bleibt nebulös. Die Aufsichtsbeamten betonen ihre Unabhängigkeit, aber sie kennen den in jeder Behörde bestehenden Korridor politisch genehmer Entscheidungen.

 

Infografik zur Personalausstattung der Kommunalaufsicht

Abbildung: Unterschiedliche Personalausstattung der Kommunalaufsicht und ihre Folgen

Blick nach vorn

Kommunalaufsicht war, ist und bleibt elementar für die Kommunen, auch wenn sie gelegentlich „stört“. Im Gegensatz zu unseren Erwartungen verlaufen die Prozesse mit den Gemeinden ausgesprochen harmonisch. Man kennt sich. In den meisten Fällen funktioniert auch das System an sich. Stärkungspakt und Co. haben hier sogar einige Verbesserungen gebracht. Es ist aber kein Automatismus, dass dies so bleibt. Die Praktiker schauen durchaus mit Sorge in die Zukunft: EU-Recht, Sozialausgaben, Auslagerungen, Zinssätze sind nur einige der Stichworte. Regierungspräsidenten, Landräte, vor allem aber die Innenministerien (im Grunde auch die kommunalen Verbände) sollten die Funktionalität der Aufsicht daher regelmäßig hinterfragen.

Unter diesem Link finden Sie den Abschlussbericht sowie weitere Informationen auf unserer Homepage.

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