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4. Februar 2019

Reform der Grundsteuer. Es gibt keine guten Lösungen.

Kein Tag vergeht ohne Neuigkeiten zur Grundsteuer. Wohl nie zuvor stand sie in solchem Maße im Fokus des medialen und politischen Interesses. Dieses Interesse ist durchaus angemessen, geht es doch um die Reform einer Steuer, die alle Bürger betrifft und die für die Gemeinden elementar ist. Die schlechte Nachricht: Es gibt keine gute Lösung.

 

Die Lage

Noch einmal kurz zur Lage: Im letzten Jahr erklärte das Bundesverfassungsgericht die aktuelle Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig. Nicht überraschend, denn höchstrichterliche Zweifel traten schon 1996 auf. Die Länder hatten die gesetzlich vorgeschriebene Aktualisierung der Immobilienwerte unterlassen. 50 Jahre lang, aber das kann ja mal passieren. Jedenfalls fordert das Bundesverfassungsgericht ein Modell mit realistischen Wertansätzen. Gelingt in diesem Jahr keine Reform, fällt die Grundsteuer ab 2020 aus und damit 14 Milliarden Euro Einnahmen für die Gemeinden.

Drei Modelle

Es gibt im Grunde drei Modelle für eine neue Grundsteuer:

  1. Die CDU/CSU-Länder wollen eine Bewertung nach bundesweit einheitlichen Grundstückswerten (Flächenmodell). Dann wäre die Grundsteuer für ein Haus in Frankfurt/Oder so hoch wie für Eines in Frankfurt/Main.
  2. Der Bundesfinanzminister will aktuelle Verkehrswerte auf Basis der Mieteinnahmen (Wertmodell). Dafür braucht man Dutzende Millionen Mietverträge.
  3. Die Kommunen wollten ein Modell auf Basis der vorliegenden lokalen Bodenrichtwerte (Bodenwertmodell).

Das dritte Modell ist das einzig sinnvolle. Darum ist es auch bereits vom Tisch. Man streitet über ein Modell, das keinerlei realistische Wertgrundlage hat (Flächenmodell) und Eines, das in der Praxis nicht umsetzbar ist (Wertmodell). Die Kommunen, Empfänger der Grundsteuer, sind übrigens an der Gesetzgebung nicht beteiligt.

 

Die politische Hürde

Für Außenstehende mag es verwunderlich erscheinen, warum sich die Politik an der Grundsteuer so sehr verhakt. Niemand stellt die Steuer an sich in Frage (noch). Niemand will den Steuerausfall für die Gemeinden riskieren. Die Bürger akzeptieren die jetzige Steuer meist klaglos.

Hinter den Kulissen hat die Grundsteuer jedoch eine hohe politische Brisanz gewonnen. Ausgehend von der CSU wurde die Grundsteuer als Vorstufe einer Vermögenssteuer erkannt; die es in jedem Fall zu verhindern gilt. Darum will Bayern ein Steuermodell, das Nichts mit dem realen Wert, also dem Vermögen, zu tun hat. Die CDU hat sicher dieser verwegenen These (leider) angeschlossen. Für die SPD wäre ein Modell ohne Bezug zu den realen Werten unvorstellbar. Der Konflikt schaukelt sich hoch und ein sachlicher Kompromiss wird immer schwieriger.

 

Die verfassungsrechtliche Hürde

Selbst wenn es eines Tages einen Kompromiss zwischen Bund und Ländern gäbe, wäre die Grundsteuerreform noch lange nicht durch. Denn dann ist strittig, ob der Bund überhaupt die Zuständigkeit für diese Gemeindesteuer hat. Möglicherweise muss man ihm diese erst verschaffen und das Grundgesetz ändern. Dafür braucht man im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die ist nicht sicher, denn entweder FDP oder Linke würden sich jedem Modell verweigern. Die einen, weil es Vermögende zu sehr belastet (FDP). Die anderen, weil es Vermögende zu wenig belastet (Linke).

 

Der Plan B

Sollte der Bundestag scheitern, bestünde ein Szenario darin, dass die Länder die Zuständigkeit ergreifen und jedes Land sich eine eigene Grundsteuer gibt. Es gäbe dann mindestens vier Modelle. Ein anderes Szenario wäre, dass Bund und Länder die Einnahmeausfälle ausgleichen. Dagegen spricht, dass der Bund nicht will und einige Länder nicht können. Abgesehen davon geht es bei der Grundsteuer nicht nur um Geld, sondern auch um lokale Autonomie.

 

Ausblick

Wie auch immer die neue Grundsteuer aussieht, drei Effekte wird jedes Modell haben:

(1) Die Neubewertung von 35 Millionen Immobilien verursacht riesigen Verwaltungsaufwand. Es wird auch dauerhaft ein gewisser Aufwand anfallen, denn die Bewertung muss regelmäßig widerholt werden. Wie die Finanzämter das bewerkstelligen sollen, ist kaum vorstellbar.

(2) Es wird Millionen Bürger geben, die zukünftig deutlich Mehr zahlen, vor allem in den wachsenden Großstädten. (Nebenbei gesagt, wird es auf dem Land billiger werden.) Ein politisches Problem, das man nur dadurch mindern kann, ein vermittelbares, also wertabhängiges Steuermodell, zu haben.

(3) Es wird zu tausenden Klagen gegen die neue Grundsteuer kommen. Diese werden bis zur höchsten Instanz gehen. Das wird viele Jahre dauern.

Fazit: Wenn eine Reform gelingt, wird die Umsetzung noch zehn Jahre Ärger bereiten. Wenn die Reform nicht gelingt, ist die Grundsteuer ab 2020 Geschichte. Zwei schlechte Lösungen.

 

Bildnachweis: Larisa-K. / Pixabay – Pixabay License, https://pixabay.com/de/service/license/

 

 

 

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