Screenshot einer Karte die den Renovierungsbedarf an Berliner Schulen visualisiert
Renovierungsbedarf an Berliner Schulen. Visualisierung von Thomas Tursics
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16. März 2017

Open Data und Kommunen – passt das?

Seit Jahresbeginn sind viele interessante Datensätze veröffentlicht worden: So gibt es seit einer Woche die Sentinel-Satellitendaten der Europäischen Weltraumorganisation esa als Open Data. Das Land Nordrhein-Westfalen hat ihr landesweit vorhandenes digitales 3D-Gebäudemodell mit mehreren Millionen Häusern frei für Jedermann verwendbar ins Datenportal gestellt. Können die Kommunen da mithalten?

Die Antwort lautet klar: ja. Natürlich können sie nicht mit der schieren Datenmenge von esa und Land mithalten. Darum geht es bei Open Data auch gar nicht. Es geht um jeden einzelnen Datensatz und um das Ergebnis, welches damit erzeugt werden könnte. Die Art der Daten bestimmt den Fokus der Ergebnisse. Die Kommunen besitzen komplett andere Datenbestände. Sie sind viel granularer. Die erzeugten Apps und Visualisierungen sind hyperlokal und somit viel näher an den täglichen Bedürfnissen der Bürger.

Beispiele für die Nutzung von Open Data in Kommunen

Focus Online berichtete jüngst über das Open Data Portal der Stadt Frankenthal in der Pfalz. Dort befinden sich zum Beispiel Listen über die lokalen Sportvereine und Sportplätze, über Behindertenparkplätze und aktuellen Straßensperrungen. Ein großer Teil der Daten befasst sich mit der Demografie, der Bevölkerungszusammensetzung und den Schulen. Jede Kommune hat ihre eigenen Daten und daraus leiten sich lokal unterschiedliche Möglichkeiten der Weiterverwendung ab. In Frankenthal kämpfen die Schulen mit höheren Schülerzahlen (was man sehr gut an dem vorhandenen Zahlenmaterial ablesen kann), in Berlin kämpft man zusätzlich mit der Gebäudesubstanz. Hier wurden diesen Monat entsprechende Listen zum Sanierungsbedarf freigegeben und es entstanden verschiedene Visualisierungen (hier und hier) auf dieser Datenbasis.

Screenshot einer Karte die den Renovierungsbedarf an Berliner Schulen visualisiert

Screenshot einer Karte (Thomas Tursics) die den Renovierungsbedarf an Berliner Schulen visualisiert.

Jede Kommune tickt ein wenig anders. Jede Kommune produziert andere (digitale) Daten. Diese Vielfältigkeit erzeugt unterschiedliche Anforderungen an benötigte Tools und an die Datenweiterverarbeitung.

Zurück nach Berlin. Dort gibt es seit Jahren kaum eine Möglichkeit spontan beim Bürgeramt sein Anliegen vorzutragen. Es läuft größtenteils über Terminvergabe, “Laufkundschaft” gibt es so gut wie keine. Entsprechend gibt es auch keine Daten über z.B. aktuelle Wartezeiten.

Das Gegenteil ist in anderen Kommunen zu finden. Lange Wartezeiten begleiten den Weg zum Amt. Hier hat Moers am Niederrhein ihre “die nächste Nummer lautet”-Anzeige vom Bürgerservice live ins Internet, ins Open Data Portal, gestellt. Die Idee dahinter war, dass jeder die aktuelle Wartezeit ablesen kann, und dass Freiwillige Anwendungen auf deren Basis entwickeln können. Das ist tatsächlich passiert und nicht nur das: Es wurden auch Zusatzinformationen angezeigt (nächster freie Termin, Vorschlag für Tageszeiten mit kürzeren Wartezeiten), an die man vorher bei der Öffnung der Daten nicht gedacht hatte.

Kommunale Daten sind bürgernahe Daten

Der Vorteil der Kommunen liegt in ihrer Bürgernähe. Alle ihre Daten sind bürgernahe Daten. Selbst kleine Kommunen können ihre Daten öffnen. Heimbach (ca. 4400 Einwohner) geht mit gutem Beispiel voran. Die Kommunale Datenverarbeitungzentrale Rhein-Erft-Rur bietet ihren Kommunen den idealen Einstieg und betreibt ein gemeinsames Datenportal. 16 Gemeinden publizieren untereinander abgestimmt gleiche Datensätze. Das macht es für externe Software- und App-Entwickler einfacher Daten von kleineren Gemeinden zu nutzen.

Es gibt bereits viele Daten, die man als Open Data bereitstellen könnte. Man braucht eigentlich nur Daten, eine offene Lizenz, Metadaten und ein Portal. Zum Beispiel werden viele Daten heutzutage über die Pressestelle veröffentlicht. Oftmals als PDF, per Mail oder auf der Webseite der Kommune. Der erste Schritt zur Annäherung an Open Data ist eine Lizenz. Wenn irgendwo klar zu lesen steht, dass man die Presseinformationen frei und kostenlos weiterverwenden darf, dann hat man eine große Hürde bereits genommen. Derzeit gilt größtenteils ein repressives Impressum auf der Webseite und verhindert so eine Weiterverarbeitung.

Das Gleiche gilt für das Ratsinformationssystem der Kommune. In den dort vorgehaltenen Dokumenten befinden sich sehr viele Tabellen mit Daten, die für die Bürger interessant sind. Wer die weitere Nutzung dieser Informationen erlaubt, der macht bereits einen großen Schritt vorwärts.

Thomas Tursics ist als Leiter eines Workshops auch bei den Hackdays in Moers (18. & 19.03.2017) dabei, die von der Bertelsmann Stiftung unterstützt werden.

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