Eine Frau und ein Mann sitzen vor einem Monitor. Darauf zu sehen ist das Smart City Dashboard der Stadt Moers.
Titelbild Studie Neue Digitale Daten
Diesen Beitrag teilen
24. Februar 2017

"Neue digitale Daten" für smarte Städte und Regionen

Neue digitale Daten sollen kommunale Verwaltungen effizienter arbeiten lassen und die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger verbessern. Sie werden in Echtzeit erhoben, verarbeitet und ausgewertet. Unsere Analyse präsentiert erfolgreiche Anwendungsbeispiele aus dem In- und Ausland und liefert Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung. Sie ist die zweite in einer Reihe von Veröffentlichungen zu „Smart Country“, dem Thema des Reinhard Mohn Preises 2017.

Neue digitale Daten sind von offenen Daten (Open Data) abzugrenzen: Bei Open Data handelt es sich um Datenbestände, die im Interesse der Allgemeinheit der Gesellschaft zur Verfügung stehen, etwa Lehrmaterial, Forschungsergebnisse, Geodaten oder Statistiken. Dabei handelt es sich in der Regel um statische Daten in maschinenlesbarer Form (für mehr Infos über Open Data lesen Sie unsere Studie Open Data – Wertschöpfung im digitalen Zeitalter). Im Gegensatz dazu werden neue digitale Daten in Echtzeit erhoben, transportiert, verarbeitet und ausgewertet. Beispiele im Alltag sind etwa Flugdaten oder Abfahrdaten von Zügen oder Bussen: Sie werden von Smartphones abgerufen, jede Verspätung wird sofort sichtbar. Statische Fahrpläne werden dadurch weniger attraktiv.

Erst seit kurzem kommen in deutschen Kommunen verstärkt Echtzeitdaten zum Einsatz, etwa wenn über eine App aktuelle Wartezeiten eines kommunalen Bürgerservice in Echtzeit zu verfolgen sind. Aer wie und aus welchen Quellen werden neue digitale Daten generiert, um Abläufe etwa im Verkehrs- und Gesundheitsbereich und weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens effizienter zu gestalten?

Sie entstehen z. B. in Ideenwettbewerben, Open-Innovation-Prozessen oder in online durchgeführten Bürgerbeteiligungsprozessen. Hinzu kommen Echtzeitdaten, die Bürger oder Unternehmen mithilfe von Smartphones oder anderer digitaler Endgeräte an die Verwaltung schicken. Typische Beispiele dafür sind Mängelmelder wie der brandenburgische „Maerker“ oder das Portal „Bredbandskollen“ in Schweden, mit dessen Hilfe die Qualität der Breitbandverbindungen analysiert wird: Bürger melden die von ihnen gemessenen Bandbreiten und mithilfe dieses Portals sieht die zuständige Behörde, wo Anpassungsbedarf besteht. Die Politik kann somit evidenzbasiert politische Entscheidungen treffen.

Smart City Dashboards für mehr Transparenz in den Kommunen

Behörden können neue digitale Daten nutzen, um sie in einem „Smart City Dashobard“ zu präsentieren und damit für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Zivilgesellschaft bestmögliche Transparenz über den Zustand einer Kommune, ihre Dienstleistungen und die Nutzung der städtischen Infrastruktur herzustellen. Bürger, Politik und Verwaltung begegnen sich damit auf Augenhöhe.

Wir haben parallel zur Arbeit an der Studie über die neuen digitalen Daten gemeinsam mit der Stadt Moers ein Smart City Dashboard entwickelt, um die Möglichkeiten zur Visualisierung von Echtzeitdaten aufzuzeigen. Es ist ein Prototyp, der sich beliebig erweitern lässt, je nachdem welche Daten zur Verfügung gestellt werden. Da es derzeit noch vielfach rechtliche Hürden zur Nutzung und Veröffentlichung kommunaler Echtzeitdaten gibt, haben wir Zahlen aus dem Jahr 2015 verwendet und sie mit einem Zeitraffer visualisiert, um der Funktion eines Smart City Dashboards mit Echtzeitdaten nahezukommen.

Zahlreiche deutsche und internationale Beispiele zeigen, welche Ansätze und Projekte weltweit verfolgt werden, um neue digitale Daten für Bürger und Unternehmen nutzbar zu machen. Dazu gehören zum Beispiel Systeme, die Verkehrsaufkommen, Lärm- und Feinstaubwerte, die Wasserqualität oder die Verfügbarkeit von Parkplätzen überwachen oder im Notfall lebensrettende Daten in Echtzeit ins Krankenhaus senden.

Will die öffentliche Verwaltung künftig neue digitale Daten vermehrt erfassen, analysieren, kombinieren und für Prognosen nutzen, muss sie signifikante Veränderungen in rechtlicher, organisatorischer, finanzieller und infrastruktureller Hinsicht vornehmen. Unsere Studie gibt dazu Handlungsempfehlungen.

Was müssen Politik und Verwaltung tun?

Die Politik muss dafür Sorge tragen, dass infrastrukturelle Voraussetzungen geschaffen werden:

  • Das bisher gesteckte Ziel bis Ende 2018 eine flächendeckende Versorgung mit mindestens 50 Mbit/s zu erzielen sollte durch ein Glasfaserausbaugesetz deutlich übertroffen werden. Bis 2025 sollte Deutschland den Übergang zur Gigabitgesellschaft vollzogen haben.
  • Damit Echtzeitdaten allen zur Verfügung stehen, sollte Deutschland ein flächendeckendes, freies WLAN-Netz errichten: insbesondere im öffentlichen Raum, d. h. in allen öffentlichen Gebäuden wie Rathäusern, Bibliotheken, Schulen, Jugendfreizeitstätten etc.
  • In Zusammenarbeit mit den Mobilfunkanbietern sollten baldmöglichst weitere Städte Überlegungen anstellen, wie der neue Mobilfunkstandard 5G für Anwendungen mit neuen digitalen Echtzeitdaten genutzt werden kann. Dabei dürfte vor allem der Mobilitätsbereich von Bedeutung sein (selbstfahrende Fahrzeuge, Mobility on Demand etc.).

Die Verwaltungen in den Kommunen müssen ebenfalls handeln, um die Vorteile der Nutzung von neuen digitalen Daten auszuschöpfen:

  • Personell und fachlich müssen Voraussetzungen geschaffen werden, um neue digitale Daten systematisch erschließen zu können: ein Chief Digital Officer könnte alle digitalen Arbeitsbereiche koordinieren und dabei fachlich von einem (oder mehreren) Datenanalytikern unterstützt werden.
  • Gründung eines kommunalen Kompetenzzentrums „Big Data/Neue digitale Daten“. Um die Komplexität der Erhebung und Nutzung neuer digitaler Daten zu meistern, könnte ein Kompetenzzentrum wertvolle Unterstützung leisten. Da einzelne Kommunen mit dieser Aufgabe überfordert wären, sollten sie sich auf Länderebene zusammenschließen und gemeinsam mit den Bundesländern die Kompetenzzentren gründen.
  • Überprüfung der wichtigsten Verwaltungsprozesse: genügen sie den Anforderungen der Digitalisierung? Besonderes Gewicht sollte dabei auf die automatische Erfassung und Auswertung der neuen digitalen Daten gelegt werden.
  • Pilotprojekte „Smart City Dashboard“: Smart City Dashboards sind ein geeignetes Instrument, um Transparenz, Verhaltensänderung und Beteiligung der Stadtgesellschaft zu erreichen. Deshalb sollten kommunale und regionale Pilotprojekte gestartet werden, die den Aufbau und die Pflege eines Smart City Cockpits betreffen.
Die komplette AnalyseNeue digitale Daten für die Entwicklung smarter Städte und Regionen“ können Sie hier herunterladen.
Diesen Beitrag teilen
Kommentar verfassen